Dienstag, 23. April 2013

Karrenkult TOP 10 Nr. 8: Frühlingsgefühle

Endlich streckt der Frühling seine Fühler aus. Zeit für die eine oder andere Lustfahrt auf der Landstraße. Wir haben die passenden Lieder. Hier die offiziellen:

"Karrenkult TOP 10 für eine sonnige und rasante Samstagnachmittagsausfahrt, mit kühlem Getränk und offenen Fenstern"

10. Val McKenna - Now That You've Made Up Your Mind
09.Tom Petty - I Won't Back Down
08. Manfred Mann - Blinded By The Light
07. Lynyrd Skynyrd - Simple Man
06. Suzi Quatro - Can The Can
05. Twisted Sisters - We're Not Gonna Take It
04. Kiss - 2000 Man
03. Frank Sinatra - Forget Domani
02. The Chapters - Can't Stop Thinking About Her
01. Herb Alpert & The Tijuana Brass - Monday, Monday


Freitag, 19. April 2013

Grand Prix - Das F1 Denkmal


Wir von Karrenkult sind empathisch. Wir haben größte Sympathien für unsere katholischen Freunde die sich wegen Missbrauch und anderen Dingen Kritik ausgesetzt sehen und sich wegen eines inzwischen durchaus gesellschaftsfähigen Katholikenhasses permanent in der Defensive und nahe dem Martyrium befinden. Aber wir sind nicht parteiisch! Daher haben wir für alle Anhänger verfolgter Gruppierung Mitleid, Sympathie und Solidarität. Denn die traurige Nachricht ist: Wir werden auch verfolgt! Als Freund der Formel 1 sieht man sich seit Jahren den immer gleichen Anschuldigungen konfrontiert. Formel 1 ist kein Sport! Im Kreis fahren ist langweilig! Dabei zuschauen noch viel mehr! Formel 1 ist umweltschädlich! An den Reifen der Formel 1 klebt Blut! Die Hasen in Spa haben Gehörprobleme! Die Autos sind nicht ästhetisch! Die Liste der Vorwürfe lässt sich unendlich weiterführen. Grund für diese Art von Rassismus ist Unwissenheit. Die Angst vor Unbekanntem, was man in seiner Gänze aufgrund Unwissenheit nicht nachvollziehen kann, treibt den Mensch dazu an vorurteilsbeflügelte Urteile zu fällen. In Sachen Religion sind wir überfragt. In Sachen Formel 1 können wir jedoch Abhilfe verschaffen. Sollte nächstes mal bei der Dinnerparty über die eigenen Formel 1 Leidenschaft rund um den Tischer herum wieder einmal die Nase gerümpft und der kleine Finger abgespreizt werden, einfach den Rümpfenden die “Grand Prix” Blu-Ray in die Hand drücken und verabschieden.



„Grand Prix” von 1966, geschaffen von John Frankenheimer, ist unübertrieben ein Meisterwerk. Ein Meisterwerk für Liebhaber und Aufklärungswerk für Zweifler, denn bis zum heutigen Tag hat es kein Film in vergleichbarer Weise geschafft die Aspekte der Formel 1, welche eben die Faszination ausmachen, auf die Leinwand zu bringen und in der Gänze ihres Spektrums umfassend darzustellen. Die überraschende Erkenntnis: Der Kern der Formel 1 ist beständiger als man aufgrund der ständigen Regeländerungen und dem Wandel des Gesichts des Sportes innerhalb der letzten 40 Jahre annehmen könnte. Der enorm hohe Grad an Realismus, den der Film auszeichnet, spiegelte sich sowohl in der Darstellung der Rennen, als auch auf psychologischer Ebene wieder. Selbst das paar Jahre später erschienene “Le Mans” mit Steve McQueen, der ja als Realitätsfetischist durchaus bekannt war, hat keine, auch für heutige Standards, derartig detaillierten und rasanten Aufnahmen der Boliden. Detailaufnahmen der Cockpits, gepaart mit wahrnehmbaren Impressionen von arbeitenden Autoparts, wie den Stoßdämpfern bei jeder noch so kleinen Bodenunebenheit, und die Ruhe des Regisseurs einfach mal zwischendurch eine komplette Runde durch die Augen einer an der Front eines Boliden angebrachten Kamera zu zeigen begeistern.


Die Hintergrundgeschichte ist relativ simpel und dennoch packend, die romantischen Damengeschichten einfach mal ignoriert. Hauptprotagonisten, die unter anderem die verschiedenen Fahrerprototypen symbolisieren, sind vier Fahrer die um den Weltmeisterschaftstitel kämpfen. Es gibt den sorglosen Draufgänger, den zweifelnden Philosophen, den Verstoßenen mit dem Killerinstinkt und den verletzten, rastlosen Rückkehrer. Durch ihre Geschichte, ihre Sichtweisen auf den Sport, ihre Konflikte mit sich selbst und dem Umfeld, wird auf wundervolle Weise anschaulich dargelegt, wieso und warum Formel 1. Der Wahrheitsgehalt, ein erschreckend prophetischer sogar, des Filmes erreicht am Ende vor dem letzten Rennen seinen Höhepunkt. Betrachtet man Archivaufnahmen des melancholischen Sennas vor dem Start in Imola 1994 und vergleicht diese mit dem fiktiven Material des Filmes, so wird klar, dass die psychologischen Profile des Filmes weit über Fiktion hinausgehen und die bis heute unveränderte Gefühlswelt der Fahrer widerspiegelt. Die richtiger Weise bis heute noch immer andauernde Sicherheitsdebatte hinsichtlich Zuschauer an der Strecke und der Fahrer auf der Strecke wird schlicht, aber mehr als passend, durch Fahrersitzungen und tödliche Zuschauerunfälle ins Bewusstsein gerückt. Sensationsgeilheit der Medien wird durch ein paar Brandnarben thematisiert.


“Grand Prix” ist ein wahrlicher Fundus an Querverweisen innerhalb der traditionsreichen Geschichte  der Formel 1. Ein für Historiker unglaublich schmackhafter Leckerbissen ist mit Sicherheit die Inszenierung. Lange andauernde Panoramen, fernsehübertragungsnahe Einstellungen und Aufnahmen des Umfeldes der Strecken lassen den Wandel der Zeit intensiv erleben. Monaco mit kurzem Tunnel und kaum Hotels, Spa im Regen mit fast nichts als Wald und ein Monza mit der unendlichen Steilkurve. Der einzige Wehmutstropfen ist, dass es keine Aufnahmen vom Rennen auf dem Nürburgring gibt. Zweiter Leckerbissen ist, dass durch die Aufnahmen John Frankenheimer die Originalteams überzeugen konnte teilzunehmen und das Fahrer wie Graham Hill und Jochen Rindt an den Fahrtaufnahmen mitwirkten. Im Film fällt der Satz, frei übersetzt: “Um etwas gefährliches zu machen, ist das Fehlen von Vorstellungskraft sehr nützlich.” Zu sagen John Frankenheimer und seinem Team hätte Vorstellungskraft gefehlt wäre anmaßend, aber durch das Weglassen von fiktiven Elementen, übernatürlicher Dramatisierung und Glorifizierung ist es gelungen der Formel 1 ein mahnendes und zugleich feierndes Denkmal, inklusive Ouvertüre und Zwischenspiel, zu setzen.