Mitten im Herzen von England liegt Leicester. Eine
verträumte und ruhige Stadt mit ca. 450 000 Einwohnern in der die Welt noch in
Ordnung zu sein scheint und das Leben immer weiter dem gleichen, ruhigen und
geregelten Gang folgt. Die zwei Universitäten zeugen von Wohlstand und Bildung.
Es gibt keine Integrationsprobleme bei einer Migrationshintergrund-quote von
nahezu 50%. Schlendert man durch die Fußgängerzone wird man mit jedem
Zentimeter permanent an Königin Victoria erinnert. Alles in allem also eine etwas
langweilige dem englischen Stereotypen entsprechende Bilderbuchstadt, deren
wahrscheinlich größtes Problem die momentane Zweitklassigkeit ihrer
Fußballmannschaft ist.
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Leicester in voller Pracht!
von esther |
Sollte man als nichtanglophiler Leicester also schleunigst
wieder vergessen? Auf gar keinen Fall, denn im Randbezirk, so weit draußen dass
sich kein Rentner mit missbilligendem Gesichtsausdruck und wild geschwungenem
Gehstock dorthin verirren könnte, sitzt eine der aufregendsten
Automobilmanufakturen der Welt: Noble Automotive! Der Grund warum Noble in den
letzten Jahren immer mehr Aufmerksamkeit auf sich lenken konnte ist kurz und
prägnant: M600!
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Noble M600 |
Der M600 ist nicht mehr und nicht weniger als ein
Supersportwagen. Nun stellt sich die berechtigte Frage ob man noch einen
weiteren Supersportwagen neben all den Aventadors, GT-Rs, Veyrons, MP4-12Cs und
LFAs braucht. Die vorhersehbare Antwort lautet natürlich ja. Doch interessanter
Weise sind es nicht die technischen Aspekte die den M600 zur Existenz
berechtigen, obwohl diese unzweifelhaft beeindruckend sind und ihren Teil dazu
beitragen. Dank eines von Yamaha für Volvo entwickelten Motors, und
unter Zuhilfenahme von Turboladern, treiben 650 PS den Noble über den Asphalt. Wird
dieser Wert in Zusammenspiel mit den
1275
kg des Nobles betrachtet, kann man die angegebenen 3,0
Sekunden für den Standardsprint von 0-
100
km/h als absolut realistischen Wert nachvollziehen. Hinsichtlich
des Leistungsgewichts befindet man sich nahe den Bereichen in denen der Bugatti
Veyron zu verkehren pflegen - und das ist verdammt spektakulär.
Seine wahre Faszination erlangt der M600 aber durch anderen Faktoren.
Gebaut wird der M600 von einem im Vergleich zu McLaren, Nissan oder Ferrari
astronomisch winzigen Team von sage und schreibe 15 Leuten. Wichtigste
Einstellungsvoraussetzung, neben der fachlichen Eignung, ist die pure Liebe und
Leidenschaft für Autos und Autofahren und das Streben nach der Vollendung des
perfekten Fahrgefühls. Gerade aufgrund dieser Liebe des Teams zur eigenen
Kreation meint man den Noble atmen zu spüren. Wenn man eine der wenigen Gelegenheiten am
Schopf packen konnte und in einem Noble Platz nehmen durfte lassen sich trotz
der für einen Supersportwagens typischen Äußerlichkeiten in jeder noch so
perfekten Naht Liebe und individuelle Hingabe erkennen. Wo beim McLaren
technische Präzision und nichts als kühle Berechnung vorzuherrschen scheint,
bekommt man beim M600, sobald man das Lenkrad in die Hand genommen hat, das
warme Gefühl zu Hause zu sein, das Gefühl der Freude des Moments in seiner
Stammkneipe in der sich alle zur Tür umdrehen und einen lautstark willkommen
heißen sobald man die Schwelle übertritt oder man fühlt sich schlicht und
einfach in den Mutterleib zurückversetzt. Unstreitig sind Mütterleiber wohl als
komfortabel anzusehen, aber der M600 ist nicht gerade das Komfortabelste was
man sich vorstellen könnte und zudem sind in Gebärmüttern bisher in ganz
wenigen Fällen Karbon gesichtet worden. Wieso also dieser Vergleich?
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Home, sweet home! Noble M600 |
Sobald der Fahrer die Tür geschlossen hat entsteht eine
Symbiose zwischen Fahrer und Auto die wahrscheinlich im Supersportwagensegment
seinesgleichen sucht. In keinem Auto ist der Fahrer näher an der archaischen
Vorstellung des Fahrens dran als hier. Nirgendwo ist der Fahrer ab Werk mit der
Geschwindigkeit und dem Fahren mehr eins als im Noble. Kein Computer, in diesem
Fall ist der Hang zu britischem Traditionalismus und die Abkehr von allem vom
kontinentalen Europa stammenden modernen (wie eben besagten Computer) ein
Segen, greift in die Beziehung zum Auto ein. Keine Fahrassistenzsysteme (außer
Traktionskontrolle) verschleiern die Leistung des Fahrers. Das Gebilde
„Fahrer/Auto“ gleicht demnach 1:1 der Kombination „Fötus/Mutter in spe“. Ein
wesentlich kleineres Etwas lenkt durch seine Aktionen und Bedürfnisse ein
größeres Objekt, in dessen Innenleben er sich komplett aufgenommen befindet.
Das größere Objekt wiederum ist ohne jegliche Kontrollfunktionen und lässt sich
in keiner Weise durch ein anderes Organ bzw. Computer bzw. Hirn beeinflussen. Befindet
sich das größere Ding nicht in einer akut merkwürdigen Stimmung oder Lage, kann
man sich als Fötus beruhigt auf die Schulter klopfen in der Gewissheit alles
richtig getan zu haben und sein Mutterschiff nicht gegen den nächsten Baum oder
Türrahmen gelenkt zu haben.
Möchte man sich lieber als werdender Vater, anstatt als
Fötus, vorstellen, so ist die natürlich auch absolut im Bereich einer möglichen
Analogie. Beides, Auto und Mutter, müssen mit ruhiger Hand in absurder
Geschwindigkeit durch ein „Minenfeld“, sei es Schwangerschaft oder Strecke, mit
allerlei Hindernissen und Unebenheiten geführt werden. Gelingt dies wird man
belohnt. Leben und Adrenalin oder Kind…
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Profil des M600 |
Doch was für ein Fazit kann man nun ziehen? Handelt es sich
bei dem Noble M600 um ein Auto das lediglich für Sentimentalitätsfanatiker, vermeintliche
Frauenversteher (Jedes Mitglied des Karrenkultteams möchte an dieser Stelle
darauf hinweisen, dass er ein exzellenter Zuhörer und Gentleman ist!), Adrenalinjunkies
oder doch etwa für werdende Eltern geeignet ist?
Zwei Merkmale könnten an diesem Punkt zu Klärung dieser
wichtigen Frage Hilfe leisten. Beide befinden sich in unmittelbarer Nähe zur
Gangschaltung. Einer davor, einer dahinter. Hinter der Gangschaltung direkt unter der Klimaanlage, für
manche Menschen ist die genaue Lage wichtig und diesen wollen wir gerecht
werden, befindet sich die Möglichkeit einen von drei Fahrtenmodi, Road, Track
oder Race zu aktivieren. Nichts Besonderes denn BMW hat das auch? Doch, denn
zwischen Road und Race liegen 200 PS Unterschied. Vor der Gangschaltung liegt
die Traktionskontrolle. Angelehnt wurde das System an das Abschusssystem eines
Kampfjets. Um die Traktionskontrolle zu deaktivieren muss man demnach eine
Sicherheitsklappe hochziehen und dann auf einen Knopf drücken. Was daran toll ist?
Gegenfrage: Gibt es was Besseres als Kampfjets und der Möglichkeit auf
Knopfdruck die Apokalypse auf die Straße niederkommen zu lassen?